Isolation
Wenn ich die Frage beantworten sollte, was mich am stärksten während der Zeit der Operation belastet hat, kann ich - ohne zu zögern - sagen: Es war ganz eindeutig die Isolation im Krankenzimmer, nach dem bei mir Corona festgestellt wurde.
Jetzt mag der eine oder andere sagen: Big Deal. Musste ich schon mehrfach bei mir zuhause. Naja. Für mich war es meine erste Corona-Isolation und dann auch noch gleich im sehr eingeschränkten Raum eines Krankenhauses, ohne die Möglichkeit zu haben, nach draußen zu gehen.
Aus dieser Isolation gab es zwei relevante Wege heraus. Entweder der Test würde kein Corona mehr ausweisen oder die Ärzte würden mich entlassen. Okay, dritte Option … ich hätte mich natürlich auch einfach selbst entlassen können, aber es gab ja noch weitere sehr gute Gründe, warum ich mich noch im Krankenhaus befand. Jaaa … vierte Option … mit den Füssen zuerst. Aber das war überhaupt keine eine Möglichkeit, die ich zur Flucht aus der Isolation in Betracht ziehen wollte.
Die beiden realistischen Wege nahmen allerdings weit mehr Zeit in Anspruch, als ich zunächst dachte. Das hing auch damit zusammen, dass sich ein zweites Problem etwa zeitgleich mit der Corona-Infektion auftat. Daher konnte (und wollte) ich nicht unmittelbar entlassen werden. Das musste erst geregelt werden. Auf der anderen Seite wollte der Corona-Test nicht negativ werden.
Es war am Ende die Entlassung, die mich aus der Isolation im Krankenhaus führte und weitere Tage der Isolation in meiner Wohnung erforderte. Denn negativ wurde ich erst einige Tage nach meiner Entlassung, kurz bevor ich in die Anschlussheilbehandlung gehen konnte.
Ich verstehe diese harte Isolationsregelung des Akutkrankenhauses. Viele Menschen sind hier in einem sehr vulnerablen Moment ihres Lebens. In der Herzchirurgie liegt man nicht ohne Grund. Menschen, denen ich auf dem weiteren Weg durch das Krankenhaus begegnet wäre, hätten noch viel empfindlicher sein können. Das Albertinenkrankenhaus ist ein Krankenhaus der Maximalversorgung. Man kann davon ausgehen, dass hier viele nicht nur wegen einem gebrochenen Zeh sind. Und viele noch größere gesundheitliche Herausforderungen hatten als ich.
Ich hätte mich daher auch ohne die Anweisungen des Krankenhauses selbst isoliert. Ich hätte nicht dafür verantwortlich sein wollen, Corona an jemand anders weiterzugeben. Jemanden, die oder der hier gerade mit seiner oder ihrer Gesundheit kämpft. Mir war auch bewusst, dass diese Menschen es genauso gut von jemand anderem bekommen könnten. Zum Beispiel beim Besuch der Cafeteria des Krankenhauses. Aber isoliert konnte ich ausschließen, dass ich der Ausgangspunkt war. Ich wäre es dann nicht gewesen.
Denn das ich immer noch Maske trage, hat einen sehr egozentrischen, aber einfachen Grund: Wenn ich die Krankheit unbemerkt habe, dann war es wenigstens nicht ich, wenn im Familienkreis jemand in zeitlicher Nähe Corona bekommt. Und mich stört Maske tragen ehrlich gesagt nicht. Ich fand es in den letzten Jahren einfach großartig, das ich bis zu dem Tag, an dem ich im Krankhaus Corona bekam, keine Erkältung, keine Grippe, keinen mehr Infekt hatte. Ich habe aber keine Angst vor Krankheit, ich befürchte Krankheiten bei Menschen, die mir nahe stehen.
Es ist auch umgekehrt so: Ich würde auch nicht wollen, dass ich mir Corona von jemanden fange, der sich dieser Infektion bewusst ist. Und das ist mir dann ja auch passiert. Ich muss da irgendwo irgendjemanden mit der Infektion begegnet sein. Ich erhalte mir aber die Illusion, dass diese Person davon nichts wusste. Es lässt sich halt nicht verhindern. Ich habe es nur gehasst, auf der falschen Seite der Isolationsregelung zu stehen. Und ich habe es gehasst, dass ausgerechnet ich dieses Pech hatte.
Das ich es wusste, war echter Zufall. Es war ein eigener Test, mit dem ich das festgestellt habe. Das Krankenhaus erfuhr erst dann von der Erkrankung als ich eine Pflegekraft rief und ihr sagte „Bleiben sie besser draussen“ und ihr den Test zeigte. Ein Test des Krankenhauses bestätigte meinen Fund. Ich war somit in Isolation. Und den Egoismus, in einer solchen Situation nichts zu sagen, sollte sich kein Mensch mit Gewissen leisten.
Ich bin kein geselliger Mensch. Ich brauche nicht unbedingt Menschen um mich rum. Ich habe aber gemerkt, das es für mich ganz und gar schrecklich war, nicht durch die Tür meines Krankenzimmers zu dürfen. Es fühlte sich wie ein Gefängnis an.
Die Situation war schlimmer für mich als alles andere. Schlimmer als die OP. Schlimmer als Corona an sich. Schlimmer als die Schmerzen beim Niesen. Schlimmer als die Halluzinationen, die mich einige Tage heimsuchten. Schlimmer als Pflaster abziehen.
Ich kann gut allein sein. Ich komme nur nicht gut mit allein bei gleichzeitiger Gleichförmigkeit der Tage zurecht. Allein und nichts zu tun ist für mich die persönliche Hölle. Die Tage erschienen mir endlos. Ich bekam mein Frühstück, mein Mittagessen und mein Abendessen in mein Krankenzimmer gestellt. Meist fand ich auf dem Tablett auch schon die Tabletten, die ich bis zur nächsten Mahlzeit brauchen würde. Und dann passierte über viele Stunden nichts.
Zwei mal pro Tag Vitalparameter. Ich erinnere mich, dass die Rollen von diesem Gerät furchtbar quietschten. Ich wusste schon lange vorher, dass gleich jemand von der Station kommen kommen würde, um zu gucken, ob meine Werte in Ordnung sind. In der Isolation habe ich mich über diese Momente gefreut. Denn schon das war eine willkommene Abwechslung von der lähmenden Gleichförmigkeit der Tage. Allein das Geräusch zu hören, wenn sich jemand vor der Tür die Schutzkleidung anzog, war ein Highlight. Ab und an kam auch jemand, um ein EKG zu machen. Aber das war so selten, dass dies in jener Zeit für mich besonderer Beachtung würdig war.
Wenn sich kaum etwas um einen herum ändert, nimmt man jeden kleinen Input wahr. Eben das Quietschen der Rollen des Messgeräts. Das fortgesetzte Husten der Patientin nebenan. Die Unterhaltungen der Ärzte vor meiner Tür. Besuch für andere Patienten.
Ich konnte dabei noch von Glück reden, das mir vor meinem Krankenhausaufenthalt die Idee kam, ein ausgedientes iPad als Facetime-Endgerät an einem Schreibtischhalter in die Küche meiner Eltern zu installieren. Ich konnte so mit meinen Eltern mit Video sprechen. Das war zumindest etwas.
Auch wenn es schwierig ist, in die Küche zu gucken, wo die Eltern mit den besuchenden Geschwistern sitzen. Selbst befindet man sich in einem Krankenhaus und wartet den Ablauf der Stunden ab. Das war für mich recht schwierig auszuhalten.
Das erinnerte mich so an die gelbe Telefonzelle in der Kaserne in Münster. Wenn ich zuhause anrief, hörte ich das Leben im Hintergrund am Telefon und wünschte nach Hause.
Isolation heißt eben auch „kein Besuch“. Keine Familie, keine Freunde, kein gar nix. Ich habe tagsüber einen Film nach dem anderen geguckt. Ich habe mich AI Slop abgelenkt so nach der Art „Meine Verlobte hat mich mit dem Hundefriseur des Pudels meines Bruders betrogen, der zufälligerweise mein anderer Bruder war und meine Eltern geben ihm Recht und vererbten ihm das Bauhauptgewerbe-Imperium“. Sowas gibt es zuhauf im Internet. Ist wohl das Äquivalent zum Groschenroman aus der vordigitalen Zeit.
Man erkennt schnell, dass sich dabei um immer neue Variationen desselben AI Prompts handelt. Aber es füllte die akustische Leere im Krankenzimmer. Wirklich zuhören kann man da nicht. Es ist dadurch nur nicht völlig ruhig im Raum. Ich habe es statt Rauschen verwendet. Um die Leere im Raum mit irgendwas zu füllen.
Wenn ich mich richtig erinnere, regnete es in der Zeit nicht einmal. Man hätte den Regentropfen zuschauen können, während sie die Glasscheibe entlangwanderten. Aber es blieb trocken. Es schien auch nicht die Sonne. Es war grau geworden.
Was mich schier wahnsinnig machte, war das mein Blick aus dem Fenster nahezu statisch war. Es passierte nichts. Ich hätte mich in eine Ecke des Raums stellen können, von der man die Einfahrt der Notaufnahme hätte sehen können. Aber will man wirklich den schlechtesten Moment im Leben eines anderen Menschen zu seiner persönlichen Ablenkung werden lassen? Ich wünschte mich auf die andere Seite des Ganges, wo man zumindest des Öfteren mal ein Flugzeug sah.
Tagsüber gab es die Ablenkung eines Kindergartens direkt neben dem Krankenhauses. Man konnte nichts sehen. Aber man konnte den Kindergarten hören. Und das durchbrach die Statik eines weitestgehend leblosen Blicks aus dem Fenster.
Ich habe mich mit Videos über die Hufpflege bei Kühen abgelenkt. Ich habe mir Baggervideos angesehen. Nicht Anbaggern, ausbaggern (ja, ich bin der Meister des inversen Double Entendre). Ich habe vermutlich den YouTube-Kanal mit NDR-Dokus leer geschaut. Die Doku über die Sturmfahrt eines deutschen U-Bootes sogar mehrfach, obwohl ich das Video schon vor meinem Krankenaufenthalt gesehen hatte.
So konnte ich die Isolation dort im Krankenzimmer durchstehen. Ich war am Tag meiner Entlassung allerdings am Ende. Sah alles nur noch negativ. Zuhause wäre das deutlich weniger schlimm gewesen. Mehr Platz. All meine Bücher. Ein vernünftiges Bett. Ein bequemes Sofa. Hätte die Zeit viel angenehmer gemacht. Ich habe meine Bücher wirklich vermisst.
Ich musste die Isolation für einige Tage noch zuhause weiterführen. Es war aber löblicherweise noch recht warm zu jener Zeit Mitte Oktober. Ein Gespräch im Garten war so möglich, ohne dass das Risiko bestand, doch noch jemand in den Letzten Zügen der Infektion anzustecken. Und ich hatte meine Bücher und ich hatte vor allen Dingen mein eigenes Bett. Es war so deutlich aushaltbarer.
Ich werde peinlich genau darauf achten müssen, dass ich mir nie etwas zuschulden lassen komme, dass einen Gefängnisaufenthalt notwendig macht. Der Gedanke, dass die Tür auch noch abgeschlossen wäre, würde mich wahrscheinlich wahnsinnig machen.
Noch mehr Ärger
Allerdings sollte es nicht bei einer Corona-Infektion bleiben. Es ist nicht selten, dass man nach der OP nach 7 bis 8 Tagen schon aus dem Krankenhaus kommt. Das ist der Optimalfall. Und ich hatte mich auch schon darauf gefreut. Ich hatte mir einen Countdown auf dem Telephon für diesen Moment eingerichtet. Ich war einfach davon ausgegangen, dass ich auch so ein optimaler Fall sein würde. Und das Universum sagte einfach in dem ihm eigenen Weisheit: Nö, bist Du nicht!
Nebenbei: Ich habe im Grunde genommen erst durch diese Vorfreude erfahren, dass ich Corona hatte. Ich rechnete mit einer baldigen Entlassung. Um sicher zu gehen, dass ich zumindest einige Viren nicht mit nach Lüneburg bringen würde, machte ich einen von diesen Vierfach-Tests. Grippe A und B, RSV und Corona. Ich rechnete mit negativen Tests. Ich konnte mir nicht vorstellen, im Krankenhaus Corona zu bekommen. Eine naive Vorstellung, ich weiss, aber sie war da. Ich habe schlicht nicht damit gerechnet. Mit allem anderen, aber nicht damit. Ihr könnt euch sicherlich die Überraschung vorstellen, als dieser Test plötzlich positiv wurde.
Als wäre das nicht genug, türmte sich dann die nächste Hürde vor mir auf. Ich kann nicht mehr genau einschätzen, an welchem Tag es genau passiert, aber ich bekam in dieser Zeit dann auch noch ein Vorhofflimmern. Bei einem Vorhofflimmern schlagen die Vorhöfe des Herzens zu schnell und unkoordiniert.
Auch das ist alles andere als selten nach einer solchen Operation. Man muss sich vergegenwärtigen, das da in der Nähe des Herzens rumoperiert, das Herz gestoppt und wieder gestartet wird. Das Herz hat also allen Grund angepestet zu sein. Da wird in einer Gegend gearbeitet, in das Herz üblicherweise seine Ruhe hat und bis zum Ende unseres Lebens seiner Aufgabe ohne Unterlass nachgeht. Und anscheinend reagiert es halt auf all die Störungen damit, dass es etwas ausm Takt gerät.
Und so war es bei mir. Es war abends. Ich lag auf meinem Bett. Eigentlich ein ganz normaler Tag. Ich war gerade mit Keksen beschäftigt. Mein Herzschlag fühlte sich komisch an. Ich fühlte mich alles andere als wohl. Ich schob es aber erstmal beiseite und nahm mir den nächsten Keks. Das etwas nicht in Ordnung war, wurde mir spätestens dann klar, als eine Krankenschwester in meinen Raum kam und mich fragte, ob ich etwas an meinem Herzschlag bemerkt habe. Ja, hatte ich. Es war also nicht nur mein Gefühl, das der Herzschlag komisch war. Im Monitoring hatte man ebenfalls etwas gesehen. Hatte der Remote-Monitor wenigstens einen Nutzen gehabt.
Nachdem ich schon einige Tage meine Zugänge verloren hatte, erhielt ich wieder einen solchen zurück. Nachdem sich jedes Ziehen eines Zugangs, jedes Entfernen eines Schlauches sich vorher wie ein Schritt zurück in die Normalität anfühlte, erschien mir der neue Zugang wie eine Kraft, die mich wieder dahin zurückzog, wo ich gerade her kam. Als wäre ich wieder ein Stück zurückgegangen auf dem Weg aus dem Krankenhaus.

Was macht da macht? Ich lernte einen neuen Begriff „Lege artis“, als die Ärzte untereinander sprachen. Ich weiss nicht, ob die Ärzte merkten, dass mein Residuallatein ausreichte, um zu merken, das sie gerade eigentlich nur sagten „Machen wir das mal nach Vorschrift“. Okay, genau genommen nach den Regeln der Kunst.
Und nach Regeln der Kunst hieß: Medikamente zur Rhythmusstabilisierung über ein paar Tage aufsättigen (das Medikament braucht einen gewissen Pegel im Blut) und dem Herz gegebenfalls noch einen Schubs mit einem Elektroschock geben, wenn es nicht von selbst wieder in den normalen Rhythmus springt. Da ich schon im Krankenhaus war, wählte man die schnelle Aufsättigung. Ich bekam am Ende beides und seitdem läuft mein Herz wieder perfekt.
Genervt haben die Nebenfolgen dieser Behandlung. Ich musste länger bleiben und ich musste die gesamte Zeit weiter meinen Monitor tragen. Um sich das mal vorzustellen. Das ist ein Plastikbeutel, den man ständig um den Hals hängen hat. Mich nervte irgendwann dieser Gurt unendlich. Dieser sollte mich wirklich bis kurz vors Ende meines Aufenthalts im Krankenhaus begleiten und war auch jenes Teil, was mich am Duschen hinderte. Elektronik reagiert halt maximal unentspannt auf Wasser. Ich glaube die letzte Stunde im Krankenhaus habe ich diesen nicht mehr getragen. Zum Thema Duschen schreibe ich später im nächsten Kapitel noch etwas.
Es gab zudem ein Kabel, das ich bisher noch nicht erwähnt habe, weil ich mir die Absurdität dieses Kabels bis jetzt aufgespart habe. Es gab ein Kabel, das immer noch aus meiner Brust guckte. Nicht an meiner Brust. Es guckt aus meiner Brust heraus. Dieses Kabel hätte im Fall der Fälle einem externen Schrittmacher als Zugang zu meinem Herzen gedient. Beispielsweise wenn mein Herz extrem angepestet auf die Operation reagiert hätte. Es ist schon sehr merkwürdig beim Pflasterwechsel zu sehen, dass einfach mal ein Kabel aus einem herausguckt. Als wäre eine Kabelkiste explodiert und ein Kabel hätte einen getroffen. Da dieses Kabel für die weitere Behandlung notwendig war, musste es auch erst mal an Ort und Stelle verbleiben. Noch weirder war allerdings der Moment als dies gezogen worden ist. Aber dazu später.
Am Tag vor der Entlassung (man könnte auch sagen, man wartete mit der Entlassung darauf, dass man die Behandlung beginnen konnte) wurde dann das Rhythmusproblem behandelt. Ich wurde in einen Raum geschoben. Mein Herz wurde noch mal mit Ultraschall untersucht. Es fand sich ein wenig Flüssigkeit beim Herzen. Aber auch da kann ich dem Leser sagen, der sich selbst auf eine OP vorbereitet: Das ist in einem gewissen Rahmen normal und wird in der Rekonvaleszenz mitbehandelt. Wenn ich das richtig verstanden habe, ist das ein Nebeneffekt der Benutzung der Herzlungenmaschine. Ich greife hier der Zeit mal vorweg: Mitte Dezember war diese Ansammlung auf meinem letzten Ultraschall dann auch völlig verschwunden.
Zurück ins Krankenhaus: Ich wurde dann nochmal kurz in Narkose gelegt. Mein Herz erhielt den Schubs über das Kabel. Und seit dieser Behandlung tickt es wieder normal. Die Medikamente für den Rhythmus nimmt man auch darüber hinaus für eine Weile, damit der dieser sicher stabil bleibt, bis das Herz sich vom Hausfriedensbruch im Brustkorb erholt hat und alles wieder seinen gewohnten Gang geht.
Zu den Medikamenten für den Herzrhythmus muss man Blutverdünner einnehmen. Diese sollen helfen, einige potenzielle Komplikationen des Vorhofflimmerns zu beseitigen, sollte es doch wieder auftauchen. Das Schlaganfallrisiko ist mit dem Flimmern erhöht, also verdünnt man das Blut, damit dieses Risiko wieder gesenkt wird. Blutverdünner werde ich mein Leben lang nehmen müssen. Allerdings reicht dafür Aspirin. Ich bin wirklich dankbar, nicht mein ganzes Leben lang Wafarin oder Heparin einnehmen zu müssen. Dies wäre der Fall gewesen, wenn ich klickend mit einer künstlichen Herzklappe nach der Operation erwacht wäre. Momentan muss ich ein Medikament irgendwie zwischen Aspirin und Heparin einnehmen.
Allerdings sind selbst diese Blutverdünner ganz schön nervig, wenn man aus irgendeinem Grunde gestochen wird. Irgendwer will ja immer Blut haben nach einer solchen Operation. Die Blutergüsse, die sich ergaben, waren teilweise wirklich erstaunlich. Auch der Kontakt der Beine mit irgendwelchen Kanten führt zu längerfristigen Erinnerungen an diesen Moment. Ich bin kein Mensch, der behände um die Hindernisse in einem Raum navigiert. Ich bin eher ein Mensch der gern mal an irgendeiner Kante mit dem Schienbein hängen bleibt.
Auch wenn diese Herausforderung bei vielen Leuten Teil der ersten Zeit nach der OP ist, also gewissermassen ein normaler Gang der Dinge ist, so hätte ich gerne darauf verzichtet. Aber ich war nicht überrascht, dass so etwas passieren würde. Ich wusste durch meine Vorbereitung auf die OP, das sowas passieren konnte.
Es ist am Ende ein zweischneidiges Schwert: Viel Informationen heißt viele Sorgen. Aber man ist nicht so sehr überrascht, wenn sich irgendeine Hürde vor einem auftürmt. Wenn man sich informiert, macht man sich Sorgen, das all das, was man erfährt, auch eintreffen wird. Informiert man sich nicht, ist man von allem überrascht und muss warten, bis einem jemand Kundiges sagt, ob etwas erwartbar ist oder eben nicht. Ob man sich sorgen machen muss oder eben nicht.
Mein Kardiologe sagte mir später, dass er dieses Phänomen hinsichtlich eines postoperativ durcheinander geratenen Herzrhythmus sehr sehr häufig sieht. Ich soll jetzt ab Jahresende das Medikament für den Rhythmus nicht mehr nehmen und drei Monate später den Blutverdünner stoppen. Ich freue mich schon darauf. Das Pillenknippke wird dann ein wenig leerer.
Vielleicht hören dann auch endlich mal die Blutergüsse auf. Wäre ohnehin der perfekte Moment. Im März werde ich dann auch wieder draußen Radfahren wollen, und da wäre es hinsichtlich Unfälle schon ganz praktisch nicht mehr unter Blutverdünnung zu leben.